Stellungnahme des Imkerverband Berlin-AFB-Pankow-2018

Stellungnahme des Imkerverband Berlin e.V. und des Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V. zum Beschluss OVG 5 S27.18 über die Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Tötung von Bienenvölkern in Pankow

Mit Beschluss OVG 5 S27.18 vom 10. Dezember 2018 bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg das in der Vorinstanz gefällte Urteil über die angeordnete Abtötung von acht Bienenvölkern in Pankow (VG 24 L 466.18). In der Folge mussten die Völker bis Mittwoch, dem 12.12.2018, 9:30 Uhr durch den Imker abgetötet werden.

Der Imkerverband Berlin e.V. und der ihm angeschlossene Imkerverein Reinickendorf-Mitte e.V., in dem der betroffene Imker Mitglied ist, sind betroffen angesichts dieser Entwicklungen und der dem Gerichtsentscheid zugrundliegenden Argumentation des bezirklichen Amtstierarztes.

Nach aktueller Erkenntnislage handelt es sich bei den acht Bienenvölkern um klinisch unauffällige und diagnostisch negative und damit gesunde Bienenvölker, die allenfalls das Pech hatten, ihre Postanschrift mit zwei tatsächlich an der Amerikanischen Faulbrut erkrankten Völkern zu teilen.

Wir respektieren die Aufgaben der bezirklichen Amtstierärzte, durch ihr Wirken die Überwachung und Bekämpfung solcher meldepflichtigen Tierseuchen zu koordinieren und zu überwachen. Allerdings sehen wir den dringenden Bedarf, die Notwendigkeit und Angemessenheit der dafür anzuordnenden Maßnahmen sowie die Form der der Durchsetzung zu reformieren.

  1. Berlin braucht ein verbindliches, abgestimmtes Bekämpfungskonzept für die AFB

Vor dem Hintergrund, dass die Verbreitung der Erkrankung vornehmlich durch die Bienen selbst – z.B. durch das Beräubern erkrankter Völker – erfolgt, bestand in dem aktuellen Fall die vom Amtstierarzt vorgebrachte Dringlichkeit der angeordneten Maßnahmen nicht da Bienenflug in den Wintermonaten aufgrund der Witterungsbedingung sehr selten stattfindet und sich dann nicht in Räuberei äußert. Zudem konnten viele Völker im eingerichteten Sperrkreis aufgrund der Witterungsbedingungen noch überhaupt nicht untersucht werden so dass weder die ursprüngliche Infektionsquelle noch die Verbreitung möglicher weiterer Fälle ermittelt wurden.

In solchen Fällen sehen Fachleute wie der Leiter des Bieneninstitutes in Celle, Prof. Dr. Werner von der Ohe, keinen Abtötungsbedarf. Am Bieneninstitut Celle hat man bereits ausgezeichnete Erfahrungen mit der Sanierung erkrankter oder möglicherweise erkrankter Völker gemacht, was auch noch nach dem Winter durchgeführt werden kann, und hat dafür ein einheitliches Konzept erarbeitet. Hierbei spielt die umfassende Untersuchung aller Bienenvölker im Umkreis des auffälligen Standes zur Ermittlung des eigentlichen Infektionsherdes eine entscheidende Rolle.

  1. Die Amerikanische Faulbrut ist heilbar – wenn man Bienen und Imker die Chance gibt

Die Amerikanischen Faulbrut ist nach zahlreichen Untersuchungen[1] heilbar und die zugehörigen Methoden werden in zahlreichen Kursen durch sogenannte Bienenseuchensachverständige gelehrt. Sie sind Teil der offiziellen „Leitlinie zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut der Bienen in Deutschland“, herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMEL). Aufgrund dieser bekannten Bekämpfungskonzepte hatte das Land Berlin im Jahr 2017 über eine Fördermaßnahme eigens die Anschaffung eines „Bienengesundheitsmobils“ für die Berliner Imkerschaft ermöglicht, mit denen die begleitend erforderliche Desinfektion von Imkereimaterial durchgeführt werden kann.

Wir Imker und Imkerinnen möchten das „Bienengesundheitsmobil“ zum Wohle unserer Bienen sachgemäß in allen Bezirken nutzen dürfen. Wir betrachten es nicht als Beitrag zur Gesundheitsvorsorge, wenn diagnostisch gesunde Bienenvölker vorsorglich abgetötet werden nur weil sie in der Nähe von erkrankten standen. Wir fordern die klare Unterscheidung zwischen tatsächlich erkrankten Völkern und sowohl in Diagnostik und Symptomatik negativ befundeten Völkern wie es in zahlreichen bundeslandeigenen Durchführungsbestimmungen zur Bienenseuchenverordnung vorgesehen ist – darunter auch Brandenburg[2]. Vor dem Hintergrund, dass sich viele Imker und Imkerinnen in Berlin Standplätze teilen oder dicht an dicht auf benachbarten Grundstücken Bienen halten, ist die individuelle Betrachtung von Bienenvölkern umso bedeutsamer und eine standbezogene Definition einer „seuchenhygienischen Einheit“ nicht zweckmäßig.

  1. Berlin braucht ein koordiniertes, attraktives Monitoring für die Amerikanische Faulbrut

Berlin hat ein tiefliegendes Problem mit der Amerikanischen Faulbrut. Bereits 2002 wurden die besonderen Probleme der Stadt beschrieben[3] und diese haben sich bis heute nicht geändert – so sind seit 2002 drei weitere AFB-Ausbrüche im Bezirk Reinickendorf auf stets die gleichen Linien zurück zu führen[4]. Es ist daher aus epidemiologischer als auch aus imkerlicher Sicht gewünscht, dass mehr Imker und Imkerinnen die Möglichkeit der Frühdiagnostik mittels sogenannter Futterkranzproben nutzen. Hierzu ist ein Berlin-weit einheitlich koordiniertes Monitoring notwendig, für dessen Erfolg die vertrauensvolle und sachgerechte Zusammenarbeit zwischen Imkern und Amtstierärzten essentiell ist. Daher sind die unter 1. und 2. genannten Bedingungen notwendige und hinreichende Bestandteile eines solchen Monitorings.

  1. Berlin braucht einen transparenten Umgang mit der Amerikanischen Faulbrut und geschulte Bienenseuchensachverständige

Zu einem wirkungsvollen Konzept zur Bekämpfung der Seuche gehört unserer Meinung nach auch, dass Imker und Imkerinnen das Schadbild der Erkrankung bei solchen Funden kennenlernen dürfen und nicht pauschal ausgeschlossen werden. Insbesondere die in anderen Bundesländern bewährten „Bienenseuchensachverständige“ (BSSV) sollten bei Ausbrüchen eingebunden werden damit sie die Bekämpfung aber auch die Informationsverbreitung zum Wohle der Bienen koordinieren. Die in diesem Fall deutlich gezeigte „Geheimniskrämerei“ um diese meldepflichtige Tierseuche durch striktes Verbot der Begehung des betroffenen Bienenstandes durch andere Personen verstärkt auch nach Erfahrungen aus Celle eher die Gefahr der Verdeckung sowie Verschleppung und verhindert das frühzeitige Erkennen von Ausbrüchen.

Wir sind der Ansicht, dass ein offener Umgang mit der Amerikanischen Faulbrut nicht über Bußgeldkataloge erzwungen werden kann, sondern nur über einen fairen Dialog zwischen allen Beteiligten und transparente Abwägung der Handlungsoptionen unter Einbeziehung der betroffenen Imker und Imkerinnen. Hierbei sehen wir Bienenseuchensachverständige als wertvolle Bindeglieder zwischen Imkern und Amtstierärzten, die insbesondere die Überwachungspflichten der aufwendigeren Sanierungen schultern und damit die Veterinäre entlasten könnten.

Das hier angeordnete Abtöten von an die 100.000 Bienen allein auf Basis eines unbelegten Erkrankungsverdachtes ist tierethisch nicht vertretbar und ist kontraproduktiv bei der Bekämpfung des Ausbruchs.

Die gerichtliche Unterstützung des hier gezeigten Vorgehens kritisieren wir ausdrücklich und werden unser Mitglied bei der weiteren Aufarbeitung des Falls nach allen Möglichkeiten unterstützen!

[1] W. von der Ohe (2003): Apiacta 38, 137-139

[2] Verwaltungsvorschrift des Brandenburger Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom Juli 2011 Az.: 32-0430/72

[3] F. Koithan (2002): Dissertationsschrift am FB Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Giessen

[4] E. Genersch (2018): Vortrag beim Berliner Imkertag an der Freien Universität Berlin

 

Stellungnahme des Imkerverband Berlin-AFB-Pankow-2018         als pdf-Datei

 

Wer sich an der Petition beteiligen möchte, der hat hier die Möglichkeit:

https://www.openpetition.de/petition/online/kein-amtstieraerztlich-verordnetes-abtoeten-von-gesunden-bienenvoelkern-in-berlin